Forschendes Lernen in den lehramtsbezogenen Veranstaltungen der Gesellschaftswissenschaften
„Forschung? Brauchen wir eh nicht!“
Diese Einschätzung hört man öfters unter Lehramtsstudierenden bundesweit. Dabei sind forschungsbezogene Fähigkeiten und Fertigkeiten in vielen Bereichen der Lehramtsausbildung zentral. Doch wo und wie werden sie eigentlich vermittelt? In unseren Detailanalysen wollen wir dem nachgehen.
Im Rahmen des SPL soll die Förderung von Forschungskompetenzen unter anderem durch die verstärkte Integration von Bausteinen Forschenden Lernens in bestehende fachdidaktische Lehrveranstaltungen erreicht werden. Um zu bestimmen, welche Bausteine an welcher Stelle sinnvoll eingebaut werden können, werden derzeit Veranstaltungen in den gesellschaftswissenschaftlichen Fachdidaktiken detailliert analysiert. Dazu werden die Inhalte der Veranstaltung, verwendete Materialien und angewandte Methoden in Form eines Steckbriefes erfasst.
Anschließend werden die gesammelten Charakteristika der Veranstaltung anhand des Modells zu Forschungskompetenzen nach Thiel und Böttcher (2014) daraufhin analysiert, welche Elemente die Förderung von Recherche-, Methoden-, Reflexions-, Kommunikationskompetenz und Fachwissen ermöglichen. Ein Abgleich mit den drei Stufen forschungsnahen Lernens nach Huber (2014) und die entsprechende Klassifizierung der Lernangebote einer Veranstaltung als primär forschungsbasiert, forschungsorientiert oder forschend erlaubt einen Überblick über die Art und Weise, auf die forschungsnahes Lernen derzeit in Lehrveranstaltungen integriert wird, und über die Verteilung der unterschiedlichen Typen auf das gesamte Angebot der Fachdidaktiken.
Schließlich wird jeder Veranstaltung ein Schwerpunkt hinsichtlich der Art der Forschung, die sie befördert, zugeordnet. Veranstaltungen mit Schwerpunkt Empirische Forschung beinhalten beispielsweise Bausteine zu Methodenkenntnissen oder dem Entwerfen von Forschungsdesigns, solche mit Schwerpunkt Entwicklungsforschung stellen die Entwicklung und Erprobung von Lehr-Lern-Arrangements in den Mittelpunkt, und Veranstaltungen mit Schwerpunkt Analyse von (außer-)schulischen Vermittlungsformaten fokussieren die Analyse von Schulbüchern, Karten, Filmen oder Museen.
Die Steckbriefe geben einerseits darüber Auskunft, an welchen Stellen bereits forschungsnah gelehrt bzw. gelernt wird. Andererseits dienen sie dem Austausch unter Lehrenden und der gegenseitigen Inspiration zur Integration (weiterer) konkreter Bausteine Forschenden Lernens in die eigene Lehre. Derzeit sind zwei Veranstaltungen in der Geschichtsdidaktik und eine Veranstaltung in der Politikdidaktik erfasst worden. Steckbriefe von weiteren Veranstaltungen der Politik- sowie solche der Geografiedidaktik sind in Planung. Auch in einigen MINT-Fachdidaktiken werden zeitnah entsprechende Analysen durchgeführt.
Bereits jetzt zeigt sich: Forschung spielt eben doch eine Rolle!
Beitrag: Friederike Runge und Michael Sauer